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Nein zur Tierhaltungsinitiative – Abstimmung vom 25. Sept. 2022

Die sogenannte Massentierhaltungsinitiative will für Nutztiere in der Schweiz die Haltungsvorgaben vom privaten Label Bio Suisse einführen. Eine breite Allianz von bürgerlichen Politikern und die produzierende Land- und Ernährungswirtschaft lehnt diese Initiative zurecht konsequent ab.

Um was geht es bei der Initiative?

Die Initiative verlangt, dass nach einer Übergangsfrist von 25 Jahren sämtliche Nutztiere nach den Bio Suisse Richtlinien des Jahres 2018 gehalten werden. Diese Vorgaben müssen gemäss Initiative auch für importierte Fleischprodukte angewendet werden.

Gemäss den Initianten bedeutet Massentierhaltung «Tierhaltung auf Grossbetrieben, bei denen das Tierwohl systematisch verletzt wird».

Nutztierhaltung in der Schweiz im Vergleich zum Ausland

Das ist in der Schweiz nicht der Fall. Die Tierhaltung in der Schweiz ist verhältnismässig klein strukturiert, basiert auf dem strengsten Tierschutzgesetz der Welt und wird umfassend kontrolliert. Zudem haben wir einen hohen Anteil an Tierhaltung mit höheren Standards (Labeltierhaltung). Beispielsweise werden 93 % der Legehennen und 98 % der Poulets in besonders tierfreundlichen Stallhaltungen (BTS) sowie 85 % der Legehennen in Freilandhaltung gehalten.

Grössenordnungen der Nutztierbestände in der Schweiz im Vergleich zum Ausland

Zudem hat die Schweiz als eines der wenigen Länder die Bestandesgrössen der Nutztierhaltung durch eine Höchstbestandesverordnung beschränkt. Anders im Ausland, dazu zwei Beispiele: In Lettland werden auf Betrieben bis 3 Millonen Legehennen gehalten (Schweiz max. 18’000 Tiere pro Betrieb). In China existieren gar 7-stöckige «Hochhäuser» für Schweine, auf diesen Betrieben werden bis zu 30’000 Muttersauen gehalten, in der Schweiz sind 250 säugende Muttersauen pro Betrieb erlaubt.

Was ist denn überhaupt Massentierhaltung?

Massentierhaltung ist ein schwierig zu definierender Begriff, unter dem jeder etwas anderes versteht, dazu gibt es keine wissenschaftlich oder ethisch fundierte Definition. Zudem sagt die Grösse einer Tierhaltung nichts über Tierschutz und Tierwohl aus. Auch in grösseren Beständen steht jedem Tier gleichviel Platz zur Verfügung wie in kleinen Beständen. Grössere Tierhaltungsbetriebe werden professionell betrieben. Durch den Skaleneffekt sind diese Betriebe in der Regel auch wirtschaftlicher. Dadurch sind auch Investitionen in das Tierwohl möglich, welche die gesetzlichen Anforderungen übersteigen, beispielsweise die Investitionen in die Tierhaltungsprogramme BTS und RAUS (Regelmässiger Auslauf im Freien).

Weitreichende Auswirkungen für unsere Bauernfamilien

Auch unsere dynamischen Bauern im Dorf haben sich mit viel Herzblut auf die Tierhaltung spezialisiert, haben ihre Betriebe kontinuierlich weiterentwickelt und viel in das Tierwohl investiert. Ein Grossteil der Betriebe könnte ihre Tierhaltung nicht einfach auf den Bio Suisse Standard 2018 umstellen. Oft fehlt der Platz und die baulichen Gegebenheiten um eine Umstellung zu machen. Kurzfristig würden diese Betriebe ihre Tierhaltungen nicht mehr weiterentwickeln, mittelfristig müssten einige Betriebe ihre Tierhaltung aufgeben. Beispielsweise wäre eine Rindfleischproduktion nach QM-Schweizerfleisch Vorgaben nicht mehr möglich.

Wollen wir wirklich unsere engagierten Bauernfamilien welche sich Tag für Tag nach bestem Wissen und Gewissen um ihre Tiere kümmern in derart existenzielle Schwierigkeiten bringen und das ohne wirklichen Nutzen für die Tiere?

Wirtschaftliche Auswirkungen für unsere Region

Die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Initiative sind gerade in unserem Agrarkanton gravierend. Kurzfristig würden zahlreiche Landwirte nicht mehr in ihre Tierhaltungen investieren, mittelfristig würde die Wertschöpfung und die Arbeitsplätze im Zusammenhang mit der Nutztierhaltung in den vor- und nachgelagerten Branchen einbrechen. Im Kanton Luzern sind die 8 – 10 % der Arbeitsplätze in den vor- und nachgelagerten Betrieben der Landwirtschaft betroffen.

Auswirkungen für die Konsumenten

Die Initiative bewirkt eine Bevormundung der Konsumenten. Sie will nur noch einen bestimmten Tierhaltungsstandard für sämtliche Nutztiere. Die Folge wäre eine deutliche Erhöhung der Lebensmittelpreise. Berechnungen gehen von einer Preissteigerung im Laden im Rahmen von 20 bis 40% – je nach Produkt – aus. Die Ausgaben für einen durchschnittlichen Haushalt erhöhten sich um rund 1800 Franken pro Jahr.

Der Schweizer Detailhandel bietet bereits heute eine breite Palette von verschiedenen Tierhaltungslabels an. Wenn Sie als Konsument die entsprechenden Produkte vermehrt nachfragen, dann sind Landwirte, Verarbeitungsbetriebe und der Detailhandel gerne bereit, diese Palette auszubauen.

Umsetzbarkeit der Initiative in Bezug auf die Importanforderungen

Wie eingangs erwähnt, verlangt die Initiative, dass auch Importprodukte nachdenselben Standards produziert werden müssen. Diese Anforderung tönt gut, wird aber aufgrund der WTO-Verpflichtungen nie und nimmer umsetzbar sein.

Weil die Anforderungen bezüglich Einhaltung der Bio Suisse-Normen beim Import nicht umsetzbar sind, wird durch die Produktionseinschränkungen in der Schweiz der Import zunehmen. Dies widerspricht dem Konsumentenwunsch, beispielsweise entscheiden sich heute bei einem Schweizer Detailhändler 80 % der Konsumenten für Schweizer Geflügelfleisch. Aufgrund der massiven Verteuerung der inländischen Produkte würde der Einkaufstourismus mit Produkten aus dem Ausland, welche diesen Standard nicht einhalten, zunehmen.

 

Fazit

Im internationalen Vergleich ist die Nutztierhaltung nicht zuletzt dank den Förderprogrammen vom Bund auf einem sehr hohen Niveau. Diese Tierhaltung wird sich auch ohne diese unsinnige Initiative weiterentwickeln. Falls die Initiative angenommen würde, würden die Importe zunehmen und in der Schweiz viel Wertschöpfung in der Landwirtschaft und in den vor- und nachgelagerten Betrieben vernichtet. Das ist wohl kaum der Sinn der Sache!

 

Stephan Wolf, Ingenieur Agronom FH – Hildisrieden, Breiti